Hundeerziehung: Strafe vs. Verstärkung

Auch wenn das gemeinsame Training mit Hunden in den letzten Jahrzehnten eine erfreuliche Entwicklung genommen hat, wird auch heute noch sehr oft über Strafe gearbeitet.

Doch was beinhaltet Strafe eigentlich?

Der Begriff Strafe umfasst in der Verhaltenspsychologie und –biologie ein Ereignis das die Wahrscheinlichkeit senkt, dass ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird. Somit soll, durch die in der Strafe eingesetzten Methoden, ein Verhalten des Hundes gehemmt werden. In der Lerntheorie unterscheidet man zwischen der frustrierenden und der beängstigenden Strafe. Bei der frustrierenden Strafe (auch als negative Strafe bezeichnet) wird dem Hund etwas Angenehmes entfernt, wodurch die Emotion Frust ausgelöst wird und das Verhalten dadurch weniger gezeigt wird / abnimmt. Bei der beängstigenden Strafe (auch positive Strafe genannt) wird dem Hund etwas Unangenehmes hinzugefügt, löst somit die Emotion Angst aus, wodurch das Verhalten ebenfalls weniger gezeigt wird / abnimmt.

Viele Menschen assoziieren mit einer Strafe Dinge wie Stromhalsbänder oder das Schlagen des Hundes. Zur Strafe zählen allerdings auch jegliche Formen von Druck, der auf den Hund ausgeübt wird – der auch den Leinenruck, einen scharfen Tonfall, die oft genutzte Wasserflasche oder ein Kneifen beinhaltet -, da auch diese das Verhalten hemmen sollen und beim treuen Begleiter negative Gefühle auslösen.

Ein ebenso bedeutender Aspekt in Sachen Strafen ist die große Wahrscheinlichkeit der Fehlverknüpfung: Dein Hund kann den im Rahmen der Strafe auf ihn ausgeübten Druck, den Schmerz und/oder die für ihn damit verbundene Stresssituation mit dir als Person verknüpfen, was sich erheblich auf das Vertrauen und die Bindung auswirkt. Doch auch Verknüpfungen mit allen in dieser Situation vorhandenen Gegebenheiten können verknüpft werden. Sei es der zufällig vorbeifahrenden Fahrradfahrer, die Wiese auf der ihr gerade seid oder das neue Geschirr, dass er heute zum ersten Mal trägt. All diese Dinge können in Zukunft mit der im Moment der Strafe empfundenen Angst oder anderen negativen Gefühlen verknüpft werden!

Eine weitere Problematik bei der Strafe ist, dass es bei ihr, um ein Verhalten wirklich effektiv abzubauen, viele verschiedene Bedingungen einzuhalten gilt – und dies ist einem Halter schier unmöglich. Damit ist diese eingesetzte Strafe nach dem Gesetz der Wirkung von vornherein nicht erfolgsversprechend und zudem für den Hund nicht nachvollziehbar.

Man muss sich grundsätzlich bewusst sein, dass Hunde sich (im Gegensatz zum Menschen) gedanklich nicht in die Vergangenheit oder die Zukunft versetzen können. Sie verbessern ihren eigenen Zustand durch Versuch und Irrtum am Erfolg. Der eigene Vorteil ist das Einzige was ihr Verhalten motiviert und dazu nutzen sie das Verhalten, das sich für sie bewährt hat. Alles was sie tun, hat somit für sie eine bestimmte Funktion und ist ihrem Lernprinzip entsprechend. Wird also sein Verhalten gehemmt, enthält die Strafe zum einen für ihn keinerlei Information was eigentlich anstelle erwünscht ist und zum anderen ist seine Emotion dahinter doch noch immer vorhanden und wird lediglich unterdrückt. Das Grundproblem – seine Emotion hinter diesem Verhalten und somit seine Intention – ist also nicht gelöst.

Doch warum wenden einige Menschen und auch vereinzelte Trainer die Arbeit mit Strafe noch immer an? Ein Grund dafür könnte der vermeintlich schnelle Erfolg sein: Da, wie oben bereits erläutert, durch die Anwendung der Strafe ein Verhalten gehemmt wird und der Hund es danach in diesem Moment lässt oder nicht mehr zeigt, entsteht schnell der Eindruck der Hund habe es „verstanden“ oder gelernt. Doch hat er das wirklich?

Vielleicht versuchen wir uns hierfür einmal anhand eines plakativen Beispiels in die Lage des Hundes, der bestraft wird, hineinzuversetzen:

Stell dir vor, wir beide sitzen gemeinsam in deiner Küche. Du stehst auf und holst mir ein Glas Apfelsaft. Daraufhin schreie ich dich aus heiterem Himmel an und stoße dich zur Seite (Strafe). Vermutlich war dies das letzte Mal, dass du mir ein Glas Apfelsaft holen wolltest (Verhalten wird weniger). Aber hast du verstanden, was das Grundproblem an diesem Apfelsaft war, obwohl er bei anderen Gästen immer super ankam (hatte sich bewährt)? Und wie du in Zukunft damit umgehen sollst, da du keine Idee hast, was von meiner Seite anstelle erlaubt ist (keine Information was erwünscht ist)? Ja du wirst es zukünftig vermutlich lassen, aber nicht, weil du es verstehen kannst, sondern vielmehr, weil ich dir Angst mache, der Schubs ganz einfach weh tat oder du mir nicht mehr vertraust (Negative Emotion, Schmerz).

Somit sei zu guter Letzt noch erwähnt, dass die Ausübung von Druck Stress erzeugt und unter Stress das Lernen blockiert ist. Also auch, wenn man die o.g. Punkte wie dem Hund negative Emotionen oder sogar Schmerzen zuzufügen und Fehlverknüpfungen mit einem selbst oder der Außenwelt in Kauf nimmt und dazu dann noch alle „Bedingungen einer erfolgreichen Strafe“ einhalten würde, wäre der Hund aufgrund der damit eingetretenen Stresssituation gar nicht in der Lage zu lernen.

Im Gegensatz zur Strafe umfasst die Verstärkung ein Ereignis das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird. Hierbei unterscheidet man die negative Verstärkung bei der etwas Unangenehmes entfernt wird. Durch die dabei entstehende Empfindung der Erleichterung wird das Verhalten in Zukunft öfter gezeigt. Bei der positiven Verstärkung wird etwas für den Hund Angenehmes hinzugefügt, was bei ihm – wie bei uns Menschen auch – die Emotion der Freude auslöst, wodurch dieses Verhalten dann öfter gezeigt wird.  

Wir verstärken also ein – für den Menschen – positives Verhalten, anstelle ein – für den Menschen – unerwünschte Verhalten zu bestrafen. Anstatt also die in diesem Moment dahinterstehende Emotion des Hundes durch Strafe zu unterdrücken, wird ein wünschenswertes Alternativverhalten aufgezeigt und belohnt. Er erlernt eine Alternative mit seinen Gefühlen umzugehen, ist fokussiert und freut sich gemeinsam mit seinem Halter interagieren zu können. Langfristig kann die Ursprungsemotion dadurch positiv beeinflusst oder sogar ersetzt werden.

Durch Verstärkung hat der Hund Spaß am Lernen, wodurch in seinem Körper Glückshormone ausgeschüttet werden. Und das vergisst man nicht! Um dieses Gefühl wieder zu erlangen, wird das Verhalten öfter gezeigt. Zusätzlich spielt uns das Lerngesetz dann noch in die Karten: Durch die Anwendung des Alternativverhaltens, bleibt die frühere Bestätigung des alten Verhaltens aus – Es wird weniger gezeigt und auf lange Sicht gelöscht werden (sog. Extinktion).

Leider hat die positive Verstärkung noch oft mit dem Vorurteil des „Wattebausch-Trainings“ zu kämpfen und/oder man wolle den Hund nicht unentwegt mit Leckerli vollstopfen. Dabei umfasst das Training der positiven Verstärkung so vieles mehr! Die Kommunikation mit und von unseren Hunden ist in höchstem Maße sensibel und umfasst eine Vielzahl an Komponenten. Zudem können Verhaltensweisen mit weitaus mehr Verstärkern, als den Leckerli, auf eine positive Art und Weise beeinflusst werden.

Oft sehen wir korrektes oder wünschenswertes Verhalten als selbstverständlich an und reagieren lediglich bei einem – für uns – unerwünschten Verhalten. Doch zeigen wir ihm durch loben, unser Minenspiel oder unsere Körpersprache was wir wirklich von ihm möchten?

Hundebegegnungen

Mein neuster Themenblog beschäftigt sich mit Hundebegegnungen. Ein unheimlich wichtiges Thema, bei dem im Alltag aber leider nach wie vor die Meinungen und Umsetzungen sehr weit auseinandergehen. Da ich mich durch meine Hundeschule und mein Hobby sehr oft mit den verschiedensten Hunden draußen befinde, möchte ich heute mal damit beginnen, das Feld von hinten aufzurollen und mit 3 Beispielen zu starten, wie Hundebegegnungen – menschengemacht – NICHT ablaufen sollten:

Begegnungsausschnitt 1:

…Kleine Gruppe im Social Walk. Menschen wie Hunde machen es super, als ein nicht angeleinter Hund auf das vorne laufende Hund-Mensch-Team zugesteuert kommt. Die Stresszeichen bei „unserem Hund“ sind direkt erkennbar, die Besitzerin versucht die Ruhe zu bewahren und die Distanz zu dem, mit schnellem Schritt auf sie zukommenden Hund, zu vergrößern. Wir bitten parallel die Besitzerin des freilaufenden Hundes ihren Vierbeiner zurückzurufen. Macht sie dann auch – bringt nur leider nichts. Der freilaufende Hund nährt sich unserem 1. Hund-Mensch-Team immer mehr und die Distanz zu seiner Besitzerin wird gleichermaßen größer. Die Besitzerin unseres Hundes wird zunehmend nervöser, da sie weiß, dass ihr Vierbeiner aufgrund einiger schlechter Erfahrungen mit Abwehrverhalten reagiert wird. Wir bitten, die uns unbekannte Frau, nochmals ihren Hund zu rufen oder etwas schneller zulaufen und ihn anzuleinen, worauf diese mit einem hilflosen „Ich habe gar keine Leine dabei“ antwortet…

Begegnungsausschnitt 2:

…Ersthundehalter hat seit ca. 4 Wochen eine Fellnase aus dem Ausland. Für ihn ist es also komplettes Neuland aber er hat ein gutes Bauchgefühl und wird im Umgang zunehmend sicherer. Sein Vierbeiner, nennen wir ihn Max, ist offen für andere Hunde und ist ein Vorbild für schöne Hundebegegnungen und die Kommunikation untereinander. Sie sind zum Spaziergang in einem kleinen Waldstück unterwegs, als eine größere Menschengruppe mit mehreren freilaufenden, und von den Besitzern ein gutes Stück entfernten, Hunden auf sie zukommt. Dem sonst so offenen Max, ist diese Situation augenscheinlich äußerst unbehaglich, was er mit Stresszeichen und einem (vorher noch nicht da gewesenen) sich hinter die Beine seines Besitzers flüchten zum Ausdruck bringt. Dieser erkennt das Unbehagen seines Hundes, versucht im Waldstück eine Ausweichmöglichkeit zu ergattern und bittet die Menschengruppe parallel ihre Hunde abzurufen oder kurz anzuleinen. Die Antwort folgte prompt: „Leinen Sie ihren doch ab, die machen das unter sich aus“. Leicht irritiert erklärt „unser“ Hundebesitzer, dass er ihn erst seit 4 Wochen habe und sein Gefühl ihm sage, dass sie weder von der Bindung noch vom Training her soweit seien, als dass er ihn ableinen würde und sich sicher wäre, dass er wieder zu ihm zurückkommt. Die Menschengruppe setzte daraufhin ihren Weg lachend und kopfschüttelnd weiter fort…

Begegnungsausschnitt 3:

…Große Gruppe Social Walk. Dabei ist an diesem Tag auch ein Rüde, der bei der Unterschreitung seiner Individualdistanz mit direktem Aggressionsverhalten reagiert, ohne es durch sein Ausdrucksverhalten vorher groß anzukündigen. Überschaubare Situationen / Begegnungen meistert er mittlerweile sehr gut und lässt sich, in für ihn grenzwertigen Entfernungen, stabil auf das konditionierte Umorientierungssignal seiner Besitzerin ein, welches für ihn mit einer leichten Distanzvergrößerung bestätigt wird. Die Teilnehmer lassen ihre Hunde zu Beginn wie üblich im Auto, es wird der heutige Ablauf und die Reihenfolge besprochen und die Hunde im Anschluss daran entsprechend nacheinander in zeitlichem Abstand rausgeholt. Die nähere Umgebung wird kurz gescannt, bevor unser o.g. Rüde als erstes raus darf, da er heute zu Beginn vorne laufen wird. Keine 2 Minuten später steigt ein Herr aus seinem etwa 4 PKWs weiter geparktem Fahrzeug (das schon länger dastand und er darinsaß), öffnet seinen Kofferraum, aus dem blitzartig 2 kleinere Hunde herausspringen und geradewegs aus auf unseren Rüden zusteuern…

Knigge der Hundebegegnungen

Es freut mich ungemein, wenn Halter über ihren Hund sagen können, dass er nichts tut und einfach jeden Hund mag. Trotzdem sollten alle Hundebesitzer, also auch diejenigen die einen solchen Hund haben, aus Rücksicht unbedingt die Knigge-Regeln der Hundebegegnungen beachten:

Sollte euer Vierbeiner freilaufen und ein anderes Hund-Mensch-Team euren Weg kreuzen und sein Interesse wecken, ruft ihn zurück und leint ihn an. Es ist nicht fair einen freilaufenden Hund an einen durch die Leine in seiner Körpersprache eingeschränkten Hund ranzulassen. Die Fellnase an der Leine kann sich aus dieser Situation nicht entfernen und kann aggressiv reagieren.

Und mal Hand aufs Herz:

Wisst ihr, ob der andere Hund den Kontakt mit eurem freilaufenden Vierbeiner überhaupt möchte? Vielleicht hat er Probleme mit anderen Hunden oder mag dieses direkte Vordreschen nicht, sondern eher ein behutsameres Kennenlernen? Vielleicht ist er alt oder krank und reagiert durch Schmerzen oder Überforderung daher vermehrt auf andere Hunde? Vielleicht ist er unsicher oder ängstlich, da er schon einmal schmerzhafte Erfahrungen mit anderen Hunden gemacht hat? Vielleicht befindet er sich gerade im Training? Vielleicht kann der euch entgegenkommende Hund noch nicht abgeleint werden, da er noch nicht lange in der Familie ist und der Rückruf noch nicht zu 100% funktioniert?

Ihr seht, es gibt eine Vielzahl von Gründen, weshalb es nicht in Ordnung ist, sich während des unkontrollierten auf den anderen Hund Zulaufens eures Hundes, mit einem „Meiner tut nichts“ von allem frei zu sprechen… Doch! Er tut in diesem Moment etwas: Er nährt sich jemandem, der es nicht möchte und nichts dagegen tun kann. Und dies kann nur durch euch gehandelt werden!

Und bei allem Respekt: Sollte euer Hund in genau solchen Situationen nicht auf den Rückruf hören, sollte er hier auch nicht freilaufen!

Was ihr für euch und andere tun könnt:

Da jede Begegnung individuell anders verläuft und es das eine Rezept für eine gelingende Interaktion nicht gibt, ist es an euch gelegen die Zeichen zu erkennen, dieser Hundebegegnung besser aus dem Weg zu gehen oder den Kontakt zulassen zu können.

Unter der sogenannten Individualdistanz versteht man die Entfernung zu Individuen der gleichen Art, die noch ohne Ausweich- oder Angriffsreaktion geduldet wird. Wir Menschen haben diese ebenfalls. Das beste vergleichbare Beispiel hierfür ist wohl, die mir fast in den Nacken springende Person hinter mir an der Supermarktkasse. Diese Individualdistanz kann bei uns Menschen je nach Erfahrungen, Bekanntheitsgrad oder Sympathie gegenüber der anderen Person natürlich variieren.

Und genau so kann die Individualdistanz eures Hundes bei einer bestimmten Hunderasse /-typ, Fellfarbe /-beschaffenheit, Größe oder anderen Exterieur Merkmalen oder auch persönliche Erfahrungen mit diesem einen bestimmten Hund geringer oder größer sein. Aus diesem Grund ist die Individualdistanz eures Hundes immer zu beachten! Es nicht schlimm, sich einzugestehen, dass euer Hund hier oder da vielleicht mal mehr Abstand braucht, sondern sehr löblich, dass ihr in der Lage seid zu erkennen was euer Vierbeiner benötigt um sich wieder wohl zu fühlen.

Auch solltet ihr bei einer sich anbahnenden Hundebegegnung auf die Körpersprache der Hunde achten – ja ganz genau: Beider Hunde! Denn wie ich es oben bereits angesprochen habe, sollten beide Hunde diesen Kontakt wollen. Zeigt das Ausdrucksverhalten eines der beiden Hunde, dass ihm diese Begegnung Stress bereitet (Stichwort Stresssignale) oder er diese nicht möchte, dann stellt die Distanz für ihn / zu ihm her, in der er sich wieder wohlfühlt. Lauft einen Bogen, wechselt die Straßenseite oder biegt auf einen anderen Weg ab.

Sollte ein Ausweichen aus Platzgründen nicht möglich sein, sprecht den anderen Hundebesitzer an. Sollte sein Hund Schwierigkeiten mit dieser Begegnung haben, ist es für ihn beruhigend zu wissen, dass ihr die Zeichen seines Vierbeiners verstanden habt und versucht ihm etwas Luft zu verschaffen. Ist die Situation umgekehrt, teilt ihm unbedingt mit, dass euer Hund diesen Kontakt nicht möchte. 

Auch wenn augenscheinlich beide Hunde ihrem Ausdrucksverhalten nach an einer freundlichen Kontaktaufnahme interessiert sind, fragt vorher bitte trotzdem beim anderen Hundebesitzer nach, ob diese Kontaktaufnahme auch für ihn ok ist.

Sollten beide Hunde angeleint sein, achtet darauf, dass die Leinen locker sind und die Hunde frei kommunizieren können. Beim sogenannten Leinenballett, lauft ihr die Kontaktaufnahmen Richtung der Hunde mit, sodass sich z.B. bei der Analkontrolle die Leinen nicht verheddern. Das hat oberste Priorität, da sich die Hunde bei ineinander verwickelten Leinen aus der ihnen plötzlich zu engen Situation nicht selbst entziehen können und die Stimmung extremst schnell kippen kann.

Das Ausdrucksverhalten unserer Hunde ist sehr vielfältig, vielfältiger als man denkt. Solltest du dich schwer damit tun, die Körpersprache der Hunde lesen und (korrekt) einschätzen zu können, dann beschäftige dich mit ihr und übe dich darin. Versuche dich am Anfang auf eine Sache zu konzentrieren und diese genau zu beobachten (z.B. die Ohrstellung) und nimm dann nach und nach immer eine weitere dazu (z.B. der Blick).

Solltest du dir hierbei Unterstützung wünschen, sieh dir gerne unsere Checkliste des Programms „Begegnungsmeister“ an, das folgende einzelne Bausteine bietet:

  • Bei „Sehen und Verstehen“ handelt es sich um einen Theorieabend zur Körpersprache der Hunde, der dir das Ausdrucksverhalten unserer Vierbeiner u.a. anhand von Bild- und Videomaterial vermittelt und dich Situationen besser einschätzen lernst.
  • Beim Tandemtraining wird (wie es der Name bereits verrät ;)) mit einem weiteren Mensch-Hund-Team die Hundebegegnung auf einer für den Hund individuellen und entspannten Distanz geübt, die Stück für Stück verkleinert wird. Ziel ist es hierbei dem Hundehalter bei kleinen Herausforderungen Sicherheit in der Situationseinschätzung und im Leinenhandling, sowie dem Vierbeiner die notwendige Gelassenheit und Sicherheit zu vermitteln und durch ein Marker- oder Umorientierungssignal ein feines Ausbremsen und die Orientierung zum Menschen vornehmen zu können.  
  • Beim Social Walk handelt es sich um einen Lernspaziergang bei dem bis zu sechs Mensch-Hund-Teams in einen für jeden Hund entspanntem Abstand und angeleint miteinander unterwegs sind und ein rücksichtsvolles Beisammensein üben. Die Hunde lernen an verschiedenen Positionen in der Gruppe zu gehen und sich (wieder) gelassen mit ihrer Umwelt zu beschäftigen, während Artgenossen in der Nähe sind. Das Augenmerk liegt hierbei auf der Körpersprache der Hunde und auf dem Erkennen und Abwenden von Stresssignalen. 
Verhalten bei Hundebegegnungen
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Silvesterangst

Die von Feuerwerkskörpern entstehenden zischenden und/oder knallenden Geräusche können von Hunden nicht eingeordnet werden und lassen sie oft panisch reagieren. In der freien Natur würden sie vor den angsteinflößenden Geräuschen instinktiv kilometerweit flüchten. Da sie sich an Silvester in ihrem zu Hause oder anderen geschlossenen Räumen befinden, können sie ihrem Fluchtinstinkt nicht folgen und müssen teilweise Todesängste ausstehen. Zu den Symptomen gehören Hecheln, Zittern, Sabbern, Urinieren, teilweise tagelanges Futter verweigern, sowie unter Tischen, Betten, in Raumecken oder kleinen, engen Räumen verstecken. Ängstliche Vierbeiner, die sich zu der Zeit mit Ihren Besitzern draußen aufhalten (müssen) und es aus völliger Panik heraus oft schaffen sich loszureißen: Bis zur Erschöpfung eintretendes Flüchten!

Ein Hund der unter Silvesterangst leidet, reagiert unter Umständen nicht mehr nur auf das Knallen und Zischen von Raketen und Böllern, sondern generalisiert diese Angst und überträgt sie auch auf Gewitter, hoch- und runterfahrende Rollläden, das Zuknallen von Autotüren oder andere plötzlich auftretende Geräusche. Bei unserem Vierbeiner kann der damit verbundene chronische Stress nicht nur zu weiteren Verhaltensveränderungen führen, sondern auch zu einer Schwächung des Immunsystems bis hin zu multiplen Organschäden.

Leidet euer Hund unter Silvesterangst, könnt ihr folgende Dinge tun:

  • Lasst die Rollläden herunter und schaltet das Licht an, um die Lichtreflexionen von draußen etwas zu verringern und schaltet den Fernseher oder Musik, um den Lärm von draußen zu dämpfen. Insofern es euer Vierbeiner in dieser Stresssituation annimmt, bietet ihm eine beruhigend wirkende Beschäftigung, wie einen gefüllten Kong, eine Leckmatte oder einen Schnüffelteppich, an.
  • Vermeidet hektische Bewegungen und seid selbst entspannt, um ihm zu vermitteln, dass er sich keine Gedanken machen muss. Und solltet ihr nur so tun als seid ihr locker: Merkt das euer Hund 😉
  • Lasst körperliche Nähe wie sich an euch ran kuscheln oder sich an euer Bein legen zu dürfen zu, da sie eurem Hund Sicherheit gibt und ihm helfen kann, die Situation besser zu überstehen. Beginnt euer Hund zu hecheln oder zu pföteln, reagiert am besten mit einem ruhigen und gelassenen „Es ist alles okay“.
  • Nehmt euren Hund nicht auf den Arm oder Schoß und bedauert oder streichelt ihn, da es seine Angst nur verstärkt, weil er sich darin bestätigt fühlt. Auch Maßnahmen, wie den Hund in seiner Angst allein zu lassen, ihn zu ignorieren oder zu schimpfen, sorgen dafür, dass sich die Angst noch intensiviert.
  • Fahrt an Silvester morgens (und je nach Angst des Hundes ggf. nochmal nachmittags) ins Feld und macht einen Spaziergang in ruhiger Umgebung. Abends solltet ihr nur noch einen kurzen Spaziergang in der Nähe eures Zuhauses machen, damit der Vierbeiner weiß, dass er im Notfall schnell wieder in Sicherheit ist. Wenn ihr einen Garten habt, reicht dieser heute völlig aus, aber auch hier: Heute mit Leine. Auch darf euer Hund heute mal selbst entscheiden nach Hause oder gar nicht erst raus gehen zu wollen.
  • Bei Hunden, die Stress- oder Angstverhalten zeigen, muss einige Tage vor Silvester, an dem Tag selbst und paar Tage danach die doppelte Leinensicherung verwendet werden, dass ein Flüchten aus Panik verhindert werden kann. Hierbei wird der Hund durch ein Halsband das mit der Führleine in der Hand verbunden ist UND ein gut sitzendes Geschirr das mit der Sicherungsleine am Bauchgurt befestigt ist gesichert.
  • Baut für das nächste Silvester über das kommende Jahr einen sogenannten Sicherheitsort und/oder ein Entspannungssignal für euren Vierbeiner auf.
  • Um zu testen, ob der sogenannte DAP-Stecker (Dog Appeasing Pheromone) bei eurem Hund eine beruhigende Wirkung bringt, ist es sinnvoll diesen bereits 2-3 Wochen vor Silvester beim Tierarzt zu erwerben. Bei diesem Stecker werden Duftstoffe freigesetzt, die eine Mutterhündin während der Laktationsphase absondert und beruhigend auf die Welpen wirken – und auch bei erwachsenen Hunden funktioniert. Auf manche Hunde haben die Duftstoffe allerdings keine Wirkung bzw. empfinden sie sie als unangenehm. Daher muss der Hund zum einen immer die Möglichkeit haben den Raum verlassen zu können, zum anderen ist aus diesem Grund von einem DAP-Halsband abzuraten.
  • Habt ihr schon viele Dinge ergebnislos ausprobiert und euer Hund hat extremen Stress an Silvester, verreist mit ihm z.B. in ein abgelegenes Ferienhaus am Meer wo es kein Feuerwerk gibt.
  • Bei dem Gedanken an eine Verabreichung von homöopathischen Mitteln oder gar Psychopharmaka sprecht unbedingt vorher mit eurem Tierarzt! Bei homöopathischen Mitteln ist es möglich, dass es zu einer Erstverschlimmerung der Symptome kommt, weshalb deren Wirkung auf euren Vierbeiner bereits vor Silvester und nicht erst an dem Tag selbst getestet werden. Bei beruhigenden Medikamenten besteht zum einen die Gefahr, dass sie das Gegenteil bewirken. Zum anderen beruhigen sie den Hund nur auf körperlicher Ebene: Er nimmt weiterhin alles um sich herum wahr, hat aber keine Kontrolle über seine Bewegungen um darauf reagieren zu können. Er ist in seiner Angst also komplett gefangen.
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Nach dem Homeoffice kam die Trennungsangst…

In den vergangenen Monaten kamen sehr viele Menschen in den Genuss von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. Ein Umstand der natürlich auch unseren Vierbeiner in die Karten spielte: Es war plötzlich den ganzen Tag jemand im Haus und man konnte sich zwischendrin immer mal wieder Schmuseeinheiten abholen. Da nun einige Unternehmen wieder in den Präsenzdienst übergegangen sind, änderte sich der für die Hunde so schöne Zustand relativ abrupt wieder zurück und einige von Ihnen entwickelten eine (ggf. vorher nicht oder noch nie dagewesene) Trennungsangst.

Trennungsangst ist eine normale Verhaltensreaktion von Tieren, die soziale Bindungen eingehen. Das zurückgelassene Tier versucht durch Lautäußerungen seine Bindungspartner zurückzuholen – was unter natürlichen Bedingungen super funktioniert. Versucht der Hund nun aber seinen Menschen zurückzurufen, hat er damit keinen Erfolg, da der Mensch das Haus verlassen hat und es nicht hören kann oder der Besitzer nicht zum winselten Hund zurückzugehen möchte, um das Winseln nicht zu verstärken.

So oder so: Der Hund macht hier die Erfahrung, dass dieses Verhalten ihm nicht hilft sich wieder besser zu fühlen, wodurch Stress und Frustration entstehen – und diese Stressreaktion kann in ihrer Stärke und Symptomen von Hund zu Hund sehr unterschiedlich sein. Symptome entstehen automatisiert durch das autonome Nervensystem des Hundes, worauf der Hund weder Einfluss hat, noch die Symptome willentlich steuern kann.

Bei der Trennungsangst gibt es zwei verschiedene Formen und Ursachen, die es im Training zu unterscheiden gilt. Hier wird zwischen der Verlustangst und dem Kontrollverlust differenziert. Bei der Verlustangst hat der Hund Angst um sich selbst und verhält sich so als wurde er zurückgelassen und seine Bezugsperson würde nie wieder zurückkommen. Hunde mit Kontrollverlust sind frustriert über das Verlassen werden und dadurch keine Kontrolle mehr zu haben.

Hunde, die unter Trennungsangst leiden, zeigen in der Regel meist mehrere der folgenden Symptome: Lautäußerungen (z.B. Winseln, Jaulen, Heulen oder Bellen), Zerstören von Gegenständen (oft Dinge, die nach der Bezugsperson riechen), Kratzen und Hochspringen an Türen/Fenstern/ Ausgängen, Rastlosigkeit im Alltag und beim Alleinsein, aber auch das Absetzen von Urin und/oder Kot. Exzessives Verfolgen des Besitzers im Haus, Geräuschängste (Silvester, Gewitter etc.) und eine allgemeine Ängstlichkeit im Alltag sind ebenfalls möglich. Auch übermäßiges Speicheln, Lethargie, Appetitlosigkeit, Erbrechen/ Durchfall, Hyperventilation und übermäßige Körperpflege (ggf. bis zur Selbstverletzung) können vereinzelt auftreten.

Grundsätzlich sollte das Alleinsein präventiv mit jedem Hund trainiert werden! Auch wenn Du deinen Hund im Moment vielleicht nicht alleine lassen musst, kann es immer einmal passieren, dass er doch mal stundenweise alleine zu Hause bleiben muss und darauf sollte er vorbereitet worden sein.

Wenn ein Hund (unabhängig davon, ob Welpe oder erwachsener Hund) bei dir einzieht, sollte in ersten 4-6 Wochen jemand ganztags bei ihm sein. Diese Zeit sollte genutzt werden um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und das Alleine bleiben zu trainieren. Gerade Welpen oder Junghunde durchlaufen immer wieder Phasen, in denen sie mit gesteigerter Ängstlichkeit auf Reize reagieren. Es kann also durchaus passieren, dass sich dein neues Familienmitglied in deiner Abwesenheit durch Geräusche von außen erschreckt und dies mit dem Alleine sein verbindet.

Die Übungen für einen erwachsenen Hund sind dieselben wie für Welpen, das Training wird nur ein wenig länger dauern und du musst sehr konsequent bleiben. Um ihm das Alleinsein zu vereinfachen, ist es sinnvoll, ihn vorher körperlich und geistig (z.B. mit Spaziergängen oder Suchspielen) auszulasten, da er so besser abschalten kann, wenn er allein gelassen wird. Hierfür eigenen sich auch Übungen zur Förderung des Selbstvertrauens (eigenständig sein Spielzeug aus einem Versteck zu holen, es ausbuddeln oder aus einem, mit Papierresten gefüllten, Pappkarton heraus holen zu dürfen).

Ein Ignorieren des Hundes, der Entzug von Privilegien (wie im Bett schlafen oder oft mit dem Besitzer unterwegs zu sein) oder Strafe verschlimmern die Situation. Auch fördern diese „Privilegien“ die Entstehung einer Trennungsangst nicht. Eine übermäßige Beschäftigung, Ernährungsumstellung, Kastration oder ein Zweithund werden ebenso nicht dazu führen, dass es ihm bessergeht.

Der Hund zeigt die Verhaltensweisen in Abwesenheit seiner Besitzer aufgrund der ablaufenden Stressreaktion und dem Frust, dass er sein Problem nicht selbstständig lösen kann. Ziel des Trainings ist es also, den Stress zu reduzieren und dem Hund Vorgehensweisen/Methoden an die Hand zu geben, gut mit der zeitweisen Trennung zurechtzukommen.

Besonders entscheidend während des Trainings ist, dass eine durchgehende Betreuung des Hundes gewährleistet ist, wenn der Besitzer ihn doch mal allein lassen müsste. Das Trauma des Alleinseins immer wieder aufs Neue erleben zu müssen, wird auch mit dem besten Training nicht dazu führen, dass er lernt entspannt allein zu bleiben.

Im ersten Schritt muss der Hund (wieder) lernen, dass die Anwesenheit seiner Bezugsperson in der Wohnung nicht bedeutet, dass er auch jederzeit Zugang zu ihr hat und Aufmerksamkeit bekommen kann. Es gibt Zeiten in denen sich niemand um ihn kümmert, dies ist aber kein Grund zur Aufregung. Das erreicht man durch den Aufbau von Signalen, die Trennungszeiten klar ankündigen und dem Hund eindeutig sagen „Du kannst Dich entspannen, es hat gerade niemand Zeit für Dich“.

Hierfür kann man verschiedene Signale nutzen, z.B. ein Halstuch (mit Druckknöpfen oder Klettverschluss), ein optisches Signal (z.B. eine bestimmte Lampe, die immer nur zu Trennungszeiten angeschaltet wird) oder eine bestimmte CD, die in Dauerschleife läuft. Bei Hunden, die eine starke Stressreaktion zeigen, kann es hilfreich sein, mehrere Signale einzuführen.

Zusätzlich sollte (insofern noch nicht vorhanden) dem Hund eine Sicherheitszone zur Verfügung stehen, in der er sich wohl fühlt und sich gerne aufhält – dort kann er sich entspannen und sich z.B. mit einem gefüllten Kong (bitte keine Kauartikel woran er sich verschlucken könnte) alleine beschäftigen.

Wichtig: Das Trennungssignal und die Sicherheitszone werden sehr kleinschrittig aufgebaut. Sie werden im Aufbau durch klassische Konditionierung mit Entspannung – ohne Zutun des Menschen – verknüpft, damit der Hund lernt sich (ohne direkten Kontakt zu seinem Menschen) wohl und sicher zu fühlen.

Hat diese Verknüpfung stattgefunden, lernt der Hund in den nächsten Trainingsschritten, dass er auch entspannt bleiben kann, wenn seine Bezugsperson einmal das Zimmer verlässt und er sie nicht mehr hören und/oder sehen kann. Der Besitzer kommt hier natürlich immer wieder rein, bevor der Hund in irgendeiner Art und Weise mit Angst reagiert. Ist der Hund in diesen Situationen wirklich entspannt, werden die Abstände kleinschrittig weiter ausgedehnt. Erst in einem späteren/weiteren Trainingsschritt verlässt die Bezugsperson dann wirklich für einen kurzen Augenblick die Wohnung. Auch diese Abstände werden immer weiter ausgedehnt.

Die Verabschiedung und die Begrüßung sollten so unaufgeregt wie möglich ablaufen. Wenn du die Wohnung verlässt, lege deinem Hund z.B. sein Halstuch um (oder euer Trennungssignal) und gebe ihm seinen gefüllten Kong in seiner Sicherheitszone mit einem kurzen „Bis später“. Der Abschied sollte ohne Trost oder mitleidenden Worten erfolgen, da Stimmungsübertragung einen Großteil der Hundegefühle ausmacht. Wenn du wieder nach Hause kommst, nimmst du das Halstuch wieder ab und begrüßt deinen Vierbeiner in ruhigem Tonfall. Streichele ihn so, dass es ihm hilft sich zu beruhigen. Deinen Hund hier komplett zu ignorieren würde wiederum Stress bei ihm auslösen, da er nach der Trennungszeit das natürliche Bedürfnis hat dich zu begrüßen! Und du hast das Bedürfnis doch bestimmt auch 😉

Kommunikation im Training

Um sich mit der Kommunikation im Training beschäftigen zu können, müssen wir als erstes einen Blick auf die Kommunikation der Hunde werfen: Der Hund kommuniziert durch seine Körper­sprache und Lautäußerungen; seinem Ausdrucksverhalten. Durch dieses Verständigungssystem werden mit verschiedenen Signalen und Signalkombinationen Informationen über seinen derzeitigen Zustand vermittelt. Die grundlegenden Signale sind zwar angeboren, nicht aber sie bei Interaktionspartnern deuten und korrekt darauf antworten zu können – dies muss in der Sozialisationsphase erst erlernt werden.

Um seinen Hund besser einschätzen und lesen zu lernen, sollte man sich daher unbedingt mit dem Ausdrucksverhalten der Hunde auseinandersetzen. Es umfasst somit nicht nur pauschal die derzeitige Haltung des Kopfes oder ausschließlich die momentane Körperhaltung. Das Ausdrucksverhalten ist immer die Gesamtheit von Körpersprache, Lautäußerungen (wie Fiepen, Winseln, Schreien, Knurren, Bellen), Mimik und Blickkontakten im jeweiligen Kontext. Möglich sind allerdings auch unzählige Abstufungen oder Mischformen, die bspw. auf die Dringlichkeit oder eine gewisse Zwiespältigkeit zurückzuführen sind.

Das gängigste Beispiel eines großen Irrglaubens hierzu ist: Der die Rute leicht nach links und rechts bewegende Hund. Nein, das „Wedeln“ bedeutet nicht grundsätzlich, dass sich dieser Hund gerade freut, wenn der Rest seines Ausdrucksverhaltens das absolute Gegenteil zeigt. Durch das Ausdrucksverhalten kann z.B. eine Soziale Annährung, Beschwichtigungsverhalten, Ver­­unsicherung, Stress, Imponierverhalten, Angriffsdrohen, Abwehrdrohen, Angst, Beutefang­verhalten und Spielen ausgedrückt werden. Das Ausdrucksverhalten ist also vielfältiger und so manches Verhalten viel berechenbarer als man in einer bestimmten Situation vielleicht dachte. 

Grundsätzlich gibt es für den Hund 4 mögliche Reaktionen auf eine Bedrohung zu reagieren: Bei den sogenannten 4 F´s handelt es sich um Freeze (Erstarren, aber auch abwarten), Flirt/Fiddle about (besänftigen), Flight (flüchten) und Fight (kämpfen). Und für welche Reaktion sich ein Hund entscheidet (und vor allem zukünftig immer entscheiden wird) hängt davon ab was ihm hier den meisten Erfolg verspricht. Das liegt – wie wir im letzten Themenblog gelernt haben – in der Natur des Hundes: Sie verbessern ihren eigenen Zustand durch Versuch und Irrtum am Erfolg und der eigene Vorteil ist das was ihr Verhalten motiviert.

Die Kommunikation mit einem Hund basiert zum einen immer auf einer Kooperationsbereitschaft bzw. der Lust darauf sich eine Belohnung zu verdienen. Hier unterscheidet man zwischen intrinsische Motivation wie dem inneren Antrieb bspw. zu schlafen oder zu jagen und der extrinsischen Motivation, bei der eine bestimmte Handlung eine Konsequenz mit sich bringt. Kommunikation ist der Austausch oder die Übertragung von Informationen auf verschiedene Arten und Weisen. Aus diesem Grund muss man sich eines immer bewusst sein: Kommunikation kennt kein richtig oder falsch! Natürlich musst du mit der Reaktion deines Hundes nicht einverstanden sein, aber du musst sie unbedingt als Teil der Kommunikation ansehen! Hunde sind hochsoziale Tiere und die Reaktion deines Hundes ist das beste Feedback auf deine Kommunikation mit ihm. Prüft und hinterfragt eure Kommunikation daher kritisch: Übe ich vielleicht durch schiebende Gesten, wie eine nach vorne gebeugte Körperhaltung, einen frontalen Blick oder eine Gewichtsverlagerung in seine Richtung, unbewusst Druck auf ihn aus?

Konnte er mein Signal überhaupt richtig sehen und wahrnehmen? Habe ich ihm in der Situation doch unbewusst Aufmerksamkeit gegeben, was seine Reaktion auslöste? Zeigt mir die Gesamtheit seines Ausdrucksverhaltens durch Stresszeichen, dass ihn diese Situation überfordert oder unangenehm ist?… Da sich ein gestresster Hund nicht mehr konzentrieren kann und somit auch das Lernen blockiert ist, muss im Training Überforderung unbedingt vermieden werden. Beschwichtigungsgesten oder Übersprungshandlungen eures Hundes zu erkennen oder erkennen zu lernen ist daher sehr wichtig. Solche Trainingseinheiten müssen unterbrochen (evtl. sogar abgebrochen) und durch Pausen für Schnüffeln etc. aufgelockert werden.

Um eine gute Kommunikation zu gewährleisten, müssen im Training auch einige Rahmen­bedingungen beachtet werden: Arbeiten wir ggf. schon zu lange und eine Pause zum Durchatmen ist überfällig? Sind die anderen Hunde auf der Wiese, für seinen aktuellen Ausbildungsstand, vielleicht noch eine zu große Ablenkung? War der Trainingsschritt zu groß für ihn? Hatte ich vielleicht einen schlechten Tag und meine Frustration oder Unsicherheit (die ich eigentlich gekonnt überspielen wollte) wurde von meinem Hund durchschaut oder hat sich die Stimmung sogar auf ihn übertragen?

Zusätzlich müssen wir im Training mit Hunden auch deren eigene Lernprinzipien berücksichtigen. Hierzu gehört bspw. die sogenannte Überschattung. Bei zwei gleichzeitig auftretenden Ereignissen ist hier eines auffallender oder von größerer Bedeutung für den Hund und verhindert daher die Verknüpfung des anderen – es wird überschattet. Dies ist z.B. der Fall, wenn das Hör- und Sichtzeichen gleichzeitig gegeben wird.

Auch stellt sich die Frage nach dem richtigen Verstärker für meinen Hund. Wir erinnern uns: Die Verstärkung umfasst ein Ereignis das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird. Bei der positiven Verstärkung wird etwas für den Hund Angenehmes hinzugefügt, was die Emotion Freude auslöst, er Spaß am Lernen hat und motiviert ist. Zu den Primärverstärkern zählen all die Dinge, die der Hund von Natur aus direkt als angenehm betrachtet – sozusagen als Belohnung empfindet und müssen von ihm nicht erlernt werden. Hierzu gehören beispielsweise Futter, Wasser, Leckerchen, Sozialkontakt und spielen. Bei Sekundärverstärker handelt es sich um klassisch konditionierte Dinge, die einen Primärverstärker ankündigen: Ein akustisches Lob über ein Markerwort (Super, Fein, Prima), den Clicker oder auch (Achtung:) Körperhaltung und das Minenspiel des Hundeführers. Es handelt sich um eine Art abgeleitetes Bedürfnis. Es entsteht eine Assoziation da zwei Ereignisse, die kurz nacheinander passieren, im Gehirn in Verbindung gebracht/verknüpft (Markerwort – Leckerli) werden. Durch die mehrfache Wiederholung einer Assoziation – der Konditionierung – wird diese dann fest im Gehirn gespeichert.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Punkt im Hundetraining ist die notwendige Generalisierung. Verallgemeinern fällt Hunden sehr schwer, da sie kontextbezogen lernen. Daher ist es wichtig die Übungen an verschiedensten Orten zu trainieren, das Leckerli mal mit der linken, mal mit der rechten Hand zu geben, um es somit zu generalisieren. Da beim Hund alle wahrgenommenen Umweltreize in die Konditionierung eines Verhaltens mit einfließen, sollte zunächst ablenkungsfrei geübt werden und Ablenkungen sukzessive mit eingebunden und gesteigert werden.